© Illustration Liane Heinze
Kurz vor dem Einschlafen, in der Phase zwischen Traum und Wachsein, beginnt der Lärm. Als ob ein Sack in meinem Kopf geöffnet wird und der ganze unbewältigte Kram hervorquillt. Gesprächsfetzen von dem Essen bei Jakobs Eltern am zweiten Weihnachtstag: Leon: „…Streubomben aus Ihren Spareinlagen…“ Jakobs Mutter: „…keine Alternative…“ Jolandas weist Leon barsch zurecht. Ihre Stimme hallt. Ich sehe den schmalen Esstisch mit der cremefarbenen Decke kippen, das Blümchenservice stürzt mir entgegen, die Gläser brechen. Plötzlich ist Kolja dort: „…wie lange denn noch…?“ Das Getöse reißt mich zurück ins Wachsein. Auf dieser Seite ist es ganz still. Leon atmet ruhig neben mir. Nichts ist passiert. Aber der Schlaf ist stark. Irgendwann zwingt er mich wieder durch den lauten Korridor. Was danach kommt, weiß ich nicht. Ich habe keine Erinnerung an den Schlaf, keinen Traum.
Beim Aufwachen am Morgen sind die Stimmen wieder da: Jolanda spricht schnell. Es sind andere Stimmen in dem Raum. Wahrscheinlich sind wir in einem Seminar. Leon flüstert: „…Liebling…“ Und dann ist es still. Leon flüstert: „Komm!“ Er liegt dicht an mich gedrängt, umschlingt mich mit den Armen. Wie immer. Sein Penis küsst mich vorsichtig wach. Wie jeden Morgen. Es ist gar nichts passiert. Vielleicht kompensiert mein Kopf unser Schweigen mit dem Lärm. Wir sprechen in letzter Zeit zu wenig. Aber morgens beim Sex sind wir ehrlich zueinander. Die Heilige Nacht findet keinerlei Erwähnung. War wohl nicht der Rede wert.
heute habe ich deinen FREITAG-artikel über deine dreiecksverhältnis-erfahrung gelesen. fand ich gut, weil weitgehend ehrlich. auch durch den truffaut-film-hintergrund. weißt du übrigens, dass besagter franz hessel schon als junger mensch 1903-1906 in einer schwabinger WG zusammen mit franziska von reventlow und einem „wilden“ polen lebte – und dies hauptsächlich von seinem geld?
wirklich interessant zu fragen, für wen so eine menage a trois taugt. sicher ist sie eher unter künstlern zu finden (da wäre z.b. auch noch marguerite duras zu nennen), am wenigsten bei in kleinfamilien aufgewachsenen leuten mit kleinbürgerlichem hintergrund, die ihre sicherheit meist in eindeutig personalen liebesbeziehungen suchen.