Giovannis Weihnachtshügel

Berliner Zeitung

Am Britzer Damm, Ecke Tempelhofer Weg spritzen die Autos vierspurig über die nassen Straßen. Hat man die Ampeln hinter sich gelassen und den asphaltierten Weg hinauf zu Giovannis Tannenbaum-Verkauf genommen, ist es plötzlich da, dieses Gefühl, dem man zuerst misstraut, weil es an vielen Orten der Stadt vergeblich herauf beschworen wird: Weihnachten.

Vielleicht liegt es an dem Himmel, der sich in den Farben der Dämmerung ausbreitet. Hinter Giovannis Weihnachtshügel klafft ein Loch in der Stadt. Bis zu der Müllverbrennungsanlage am Horizont erstrecken sich die Wiesen eines Naturschutzgebietes mit einem Tümpel mittendrin, dem Eckerpfuhl. Links schließt sich ein Wäldchen an.

Die Holzspäne auf dem Platz vor der Weihnachtsbaum-Einpack-Trommel duften würzig. Am Unterstand weht eine Kette Tibet-Fähnchen. Daneben ein alter Bauwagen, der den Eindruck erweckt, als würde darinnen guter Tee gekocht. Möglicherweise liegt das an Giovanni, der aussieht, als liebe er guten Tee.

Giovanni eilt in großen Schritten über den Platz. Er trägt etwas zwischen Schnee – und Arbeitsanzug. Sein bunter Kinnbart ragt aus dem Gesicht. Die Wollmütze würde ihm in die Augen rutschen, hielten die Bügel der runden Brille sie nicht auf. Trotzdem schiebt er sie hin und wieder aus der Stirn.

Ein Wagen hält neben ihm. „He Giovanni“, ruft ein älterer Herr aus der herunter gelassenen Scheibe. „Komme sofort.“ Giovanni zeigt dem Stammkunden zum Gruß eine seiner harzigen Handflächen und eilt in die Abteilung mit den rot-weiß markierten Bäume. Dort sieht sich ein Paar suchend um. Die rot-weißen sind erste Wahl, fünfzig Euro der Baum, makellose Nordmann-Tannen. Giovanni fragt, berät, empfiehlt. „Sehen Sie, wie gleichmäßig der gewachsen ist. So etwas finden Sie sonst nirgends in Berlin.“ Er streicht über die weichen Nadeln.
Sein Berlinisch hat einen italienischen Akzent. Giovanni ist Sizilianer. Drahtig windet er sich aus seinem Wald wieder nach vorn. Rita braucht Hilfe beim Einnetzen eines besonders üppigen Baumes. Auf dem Weg zupft er das klingelnde Telefon aus der Brusttasche seines Arbeitsanzuges und verabredet einen Vorstellungstermin.

Er braucht dringend Verstärkung auf dem Platz. Aber es ist schwer, gute Leute zu finden, die einen Blick für die Arbeit haben und auf die man sich verlassen kann. „Unter zwanzig Bewerbern ist vielleicht einer, mit dem man etwas anfangen kann“, sagt er. „Einige arbeiten einen Tag und kommen nicht wieder, andere verschwinden nach einer Woche. Die sagen: ‚Na dann, bis morgen’ und tauchen nie mehr auf.“

Der Stammkunde lehnt an seinem Wagen. Giovanni bedient ihn seit Jahren, weiß genau, was er sucht. „Hast du was für mich?“, ruft der Mann. „Klar doch.“ Giovanni weht rüber an den Rand des Platzes, in sein „Lager“. Dort liegen noch verpackte Tannen. „Ich erkenne durch das Netz, was ein guter Baum ist“, sagt er. Er packt ein Exemplar aus. Der Mann kommt langsam näher. „Großartig.“ Er hat einen Baum, den noch kein anderer Kunde vor ihm zu sehen bekam. Es ist sein Baum. Von Giovanni ausgewählt. Zufrieden zieht er die Brieftasche aus seiner Jacke.

Giovannis flinke, dunkle Augen wandern unablässig durch die Baumreihen. Hier und dort gebärden sie sich die Tannen ein wenig undiszipliniert. Sie neigen mal nach dieser, mal nach jener Seite aus ihrer eisernen Verankerung.

Sein Platz sei der größte in Berlin, sagt Giovanni. Er habe die besten Nordmann-Tannen der Stadt. Das sei auch kein Wunder, denn die dänischen Händler mögen ihn. In jedem Sommer, wenn er seine Bäume aussucht, würden sie ihn mit offenen Herzen empfangen, obwohl die Berliner Tannenbaum-Käufer im allgemeinen nicht sehr beliebt seien, weil sie die Preise drücken. „Berlin ist die Stadt in Europa, in der die Weihnachtsbäume am billigsten verkauft werden. Selbst in Westdeutschland zahlen die Leute mehr. Und in Norwegen kostet ein Baum das Dreifache.“

Aber Giovanni ist anders. Er ist der Berliner mit dem italienischen Akzent. Die dänischen Förster fragen nicht, warum es ihn vom sonnigsten Ende Europas in diese arme Stadt verschlagen hat. Sie hören seine Sprache, die barock schwingt wie die katholische, sinnliche Variante von Weihnachten. Die Version mit der Madonna. Sie klingt nach verschwenderischen Gefühlen und Tränen der Liebe. „In Italien“, sagt Giovanni, „da ist Weihnachen schon anders als in Berlin. Die Menschen dort können die Zeit mit der Familie kaum erwarten. Sie freuen sich darauf, zusammen in die Kirche zu gehen.“

In Berlin besucht er am Heiligen Abend manchmal eine katholische Messe, manchmal eine evangelische Christvesper, denn seine Frau ist evangelisch. „Außerdem ist sie Buddhistin“, sagt Giovanni. Aber eigentlich möchte er über solche privaten Dinge wie Religion gar nicht sprechen. Man solle doch lieber über die Bäume reden. Das ist jetzt ihre Zeit. „Weihnachten ohne Baum…nein, das geht nicht. Der Baum ist doch das Symbol der Liebe. Deswegen legt man ja auch die Geschenke darunter. Und man steht davor und singt ein Lied.“ Wie Giovanni das sagt, möchte man augenblicklich in den Boden versinken vor Scham, jemals ein Weihnachtsfest ohne Baum erwogen zu haben.

Seit zehn Jahren verkauft er Weihnachtsbäume, seit fünf Jahren auf dem Platz am Britzer Damm. Das Geschäft beginnt vor dem ersten Advent mit den dichten, großen Saalbäumen, die Kirchen, Firmen und Hotels kaufen. Dann kommen die Familien, die ihren Baum schon in der Adventszeit schmücken oder sich rechtzeitig ein besonders gutes Exemplar sichern möchten und schließlich die Schnäppchenjäger, die von Platz zu Platz ziehen und handeln. „Es gibt Leute, die geben fünf Euro Trinkgeld, nachdem sie den Preis um zwei Euro nach unten gedrückt haben.“ Giovanni schüttelt den Kopf.

Giovanni ist 47 Jahre alt. Man schätzt ihn gute zehn Jahre jünger. „Ich weiß.“ Er schiebt die Mütze aus der Stirn. Er ist die erstaunten Gesichter gewohnt. „Es muss die frische Luft auf dem Platz sein.“ Selbst die weißen Streifen in seinem Bart wirken unter diesem Gesicht eher wie ein modischer Spaß.

Seine Kinder sind inzwischen erwachsen. Für einen Moment verlässt sein Blick die Bäume und wandert über den Britzer Damm, auf dem die weißen und roten Lichter der Autos wie zwei Ketten gegeneinander aufgefädelt sind. Er blickt, als könne er selbst nicht glauben, wie viele Jahre vergangen sind, seit er 1982 nach Berlin kam. Die Stadt habe ihn fasziniert, die Mauer. „Man konnte interessante, alternative Leute treffen.“ Deshalb sei er eines Tages geblieben.

Er huscht in eine Reihe, sucht nach dem perfekten Stufenbaum. „Diese lassen sich viel besser schmücken als die dicht gewachsenen Bäume, auf die alle zuerst fliegen.“ Die Baumärkte lockten mit billigen Hochschossern, Tannen, die schnell gewachsen sind und nur wenige Stufen haben. Er zählt die Etagen des Baumes. Zwölf. Zwölf Jahre alt. „Oder hier die Nobilis…Wer einmal eine Nobilis hatte, kauft sie immer wieder wegen ihres Duftes.“

Und sein eigener Weihnachtsbaum? Nein, einen Blick in sein Wohnzimmer gestattet er nicht, höchstens durchs Schlüsselloch. „Ein paar Kerzen, echte Kerzen und ein bisschen Schokolade. Das genügt. Kein Lametta und solchen Kram.“ Gibt es das Wort gemütlich auf italienisch? Giovanni denkt nach. „Commodo“, sagt er. „Commodissimo.“

Es fällt nasser Schnee. Der Matsch quietscht durch die Sohlen. Das übliche Berliner Adventswetter. Wahrscheinlich werden wieder alle darüber klagen, dass es zu Weihnachten trist und grau aussieht. Im Bauwagen ist es kühl. Es gibt keinen Tee. Auf dem kleinen Tisch stehen einige Wasser – und Limonadenflaschen, in der Eile offen stehen gelassen.

Das Herz, das nicht leuchtet

Berliner Zeitung

Christopher sucht die Liebe und läuft vor ihr davon. Könnte ja das Ende der Kindheit sein

Noch eine letzte Diode, dann ist die zierliche Kette komplett. Christopher setzt den Lötkolben ab. Er montiert die zwei Hälften des Leuchtbuchstaben zusammen. Es ist ein rosa S. Sein Auftraggeber möchte es einer Freundin zum Geburtstag schenken. Es ist der Anfangsbuchstabe ihres Namens. Sarah? Selma? Samantha?

Christopher schiebt eine Haarsträhne, die sich aus seinem dunklen Pferdeschwanz gelöst hat, hinters Ohr.

Gestern stand seine Annonce wieder in der Zeitung. Bis jetzt hat sich noch niemand gemeldet.

Die Zeit vergeht schnell. Die Jahreszahlen klappern hintereinander weg und nichts geschieht.

Man kann ganz gut allein leben in Berlin. Tut nicht weh. Es gibt Cafés, Clubs, Läden und immer was spannendes im Radio. Trotzdem. Nee, es geht ihm um viel mehr als Sex. Sex kann er an jeder Ecke kaufen. „Ich hätte ein so beschissenes Gefühl, dafür bezahlen zu müssen“, sagt Christopher. „Als ob ich so häßlich bin, dass ich es nicht auch anders haben kann.“

Ist schon ziemlich lange her, dass er Lust hatte, einer Frau das Wort ENGEL aus naturweißem, mattem Plastik auf seinem CNC-Bohrer zu schneiden und anschließend zum Leuchten zu bringen. Dabei ist alles da: Dioden, Kabel. Die Folienrollen und Kunstoffplatten in frischen Farben stapeln sich an den Wänden seiner Werkstatt. Es kann also los gehen. Doch Christophers Herz bleibt ausgeknipst.

Er schlägt das rosa S in Seidenpapier und packt es in einen kleinen Karton. Werbeschilder, Leuchtbuchstaben und – Tafeln – die Aufträge reißen nicht ab. Sie kommen aus ganz Deutschland. Meist von Firmen. Über die Breite zweier unbenutzter Sessel liegt ein halbfertiges Ladenschild. Christopher hebt es auf den Arbeitstisch zwischen die Computer.

Die Frauen, die auf seine Annonce schreiben, schicken gewöhnlich zuerst eine SMS. Er antwortet umgehend. Dann folgt eine weitere SMS. „Dieses Scheiß-Gesimse nervt“, sagt er. „Was soll ich mit einer Frau, die keine Lust hat, mit einem Typen zu reden?“ Einmal hat eine Frau sofort angerufen. Sie haben sich gut verstanden. Sie wollte ihn noch am selben Abend treffen. Christopher ist wieder raus aus dem Bett und losgezogen. „Naja, war nicht so mein Typ.“

Die meisten Frauen langweilen ihn. „Die gehen jeden Tag ins Büro, einmal in der Woche ins Kino, aber eigentlich interessiert sie nichts. Außerdem sind sie gekleidet, als sei es ihnen egal, was sie früh aus dem Schrank zerren. Kein bißchen sexy. Keinen Mut aufzufallen.“

Christopher sticht auch nicht gerade durch Originalität ins Auge. Sweatshirt, Jeans, Stiefel – alles in schwarz. „Ok, das ist jetzt mein Alltagslook, aber wenn ich in einen Club wie das K17 gehe, trage ich schon mal ein Lackhemd.“

In die Gothic-Läden geht er kaum noch. „Da sind doch nur Leute, die sich über ihre Klamotten und Musik definieren, im Grunde auch Spießer.“

Wichtiger findet Christopher, miteinander reden zu können, über die vielen Themen, die ihn beschäftigen: Kultur im weitesten Sinne, nicht die Theater und Museen, sondern die Straße, die Leute, gesellschaftliche Phänomene, Liebe natürlich. Er möchte Radio machen, so rotzig frech wie Thommy Wash, sein Lieblingsmoderator auf Fritz, eine Sendung wie BlueMoon, wo alle anrufen können, reden, diskutieren, lästern. Radio im Web.

Er hält sich für schräg, provokant, zu wenig angepasst. Bei der Zielgruppe käme das nicht gut an. Auch optisch entspreche er eben nicht dem Geschmack der Masse.

Seine Lippen sind schmal, kein Kussmund wie aus der Werbung und auch sonst ist er nicht gerade ein Alphatier, ein normaler Mann also, nicht schöner und nicht weniger sexy als sieben Achtel aller Berliner. Er ist groß und schlank, die vollen Haare sind frisch gewaschen, die Cowboystiefel geputzt. Er ist bereit.

Seine Traumfrau sollte auf keinen Fall älter als dreißig Jahre alt sein, schön und schlank, stilvoll und gebildet. „Warst du jemals in einer Partnerbörse im Internet? Wenn du siehst, wie oft Frauen unter dreißig angeklickt werden, kannst du als Typ nur noch einpacken. Du musst eine junge Frau sein. Dann wirst du überall angemacht.“

Zu spät, sich auf die Seite der Zielgruppe zu stehlen und eine junge Frau zu werden. Christopher ist dreiundvierzig Jahre alt. In der Annonce mogelt er sich jünger. Glaubhaft. Die Geste, mit der er das volle, schwarze Haar aus dem Gesicht wirft, gerät so unbeschwert wie vor zwanzig Jahren.

Er glaubt, dass eine Frau seines Alters nicht zu ihm passt. „Die haben doch längst das ganze Programm hinter sich: Scheidungen, Streit um die Kinder und den Unterhalt.“ Er verzieht leicht angewidert den Mund. „Die tolle Ausstrahlung ist dann weg. Das erste Leben, in dem alles unkompliziert und lustig war, ist ein für allemal vorbei. An dem Spruch: ‚Trau keinem über dreißig‘ ist schon was dran.“

Er selbst ist die Ausnahme. Logisch. Er hat das Programm ja noch nicht einmal in Ansätzen absolviert. Keine seiner Beziehungen hielt länger als ein Vierteljahr. Was dauerhaftes wäre beengend. Es würde nach der Normalität des Programms stinken, das Pippi-Langstrumpf-Gefühl gefährden. „Ich baue mir die Welt, wie sie mir gefällt“, zitiert er. Seine Augen blitzen kindlich.

Der Balkon vor seiner Werkstatt ist ungenutzt, die dünne Schneedecke verharscht. Er geht da nicht raus, guckt den anderen nicht in die Zimmer -er würde entdecken, dass es bei den meisten Singles ganz ähnlich aussieht- er döst nicht über die Dächer, träumt nicht einfach so ins Blaue, etwas Neues, eine Frau in seinem Alter beispielsweise, die sich locker jünger mogeln kann und das Programm noch nicht hinter sich hat.

Er bleibt über die Leuchtbotschaften auf den Schildern gebeugt, schneidet, bohrt, lötet und grübelt sich die Welt, wie sie ihm nicht gefällt.

Das Problem sei, dass sie ihn manchmal für einen großen Jungen hielten. Und wenn sie dann miteinander ausgingen und erlebten, wie schräg und provokant er wirklich drauf sei, dann war’s das eben. „Habe schon öfters gehört, ich sei verletzend.“

Er trifft durchaus spannende Frauen. „Begegnungen, bei denen sofort ein Funke überspringt, ein Wort das andere gibt, wo alles stimmt, ohne dass man sich groß anstrengen muss.“

Es ist noch gar nicht lange her, dass er in einem Club eine Gleichgesinnte kennengelernte, eine von diesen Frauen, die sich nirgends langweilen. Nennen wir sie Lisa. Lisa ist vierunddreißig, aber alle halten sie für fünfundzwanzig. Sie tanzen die ganze Nacht. Lisa sagt, dass sie ihn unbedingt wiedersehen möchte. Am nächsten Tag bestätigt sie es in einer SMS: „Lass uns einen Kaffee trinken, sobald ich wieder in Berlin bin.“

Lisa ist dann nach Thüringen gefahren. Nicht für ein Semester nach New York, auch nicht zu einem Praktikum nach Melbourne. Einen Moment lang blickt Christopher, als hätte er das ganze Programm längst hinter sich. Egal, ob Lisa eine Tante besucht hat oder auf dem Rennsteig wandern ging, die Reise nach Thüringen bestätigt wieder mal das Naturgesetz, dass schöne, sympathische Frauen jede andere Beschäftigung einem Rendezvous mit ihm vorziehen würden. So hat er es festgelegt. Da kann sie funken, solange sie will, er ruft nicht zurück.

Aus Angst vor Enttäuschung? „Habe nicht so gute Erfahrungen mit anrufen gemacht.“ Christopher springt schnell zum nächsten Thema. Könnte ja sein, dass der Gefühlssturm der unerfüllten Erwartungen und verletzten Gefühle wieder losbricht, wenn Mann es sich gerade gemütlich machen will. Frauen sind unberechenbar.

Er trudelt in seinem Schreibtischstuhl hin und her. Über seinem Kopf hängt in lila Leuchtbuchstaben das Wort: SALE.

Christopher hat niemals einen Beruf gelernt. Das Abi schmiss er kurz vor den Prüfungen. Danach machte er sich als Siebdrucker selbständig. Er flüchtete aus seinem Heimatort in Hessen nach Berlin, weil die Jungs in der Vier-Mächte-Stadt vom Wehrdienst befreit waren. In Berlin führt er ein Fotosatzstudio, nach der digitalen Revolution im Druckgewerbe baute er Möbel und verkaufte sie in einem eigenen Laden. Mit den Werbeschildern hat er vor drei Jahren angefangen.

Alle Handwerke hat er sich selbst beigebracht. Und immer allein gearbeitet. „Man muss sich etwas einfallen lassen, um oben zu bleiben. Ich liebe diese Herausforderung. Ich konkurriere gern mit anderen. Das heizt die Phantasie an. – Ach komm, mit Kunden, das ist doch ganz anders als mit Frauen. Man kann das nicht vergleichen. Das ist so daneben wie diese Verkaufs – und Vermarktungsseminare, bei denen sie den Leuten beibringen, sich zu verbiegen, um Kohle zu machen. Lieber fahre ich nur ein kleines Auto und bleibe ich selbst.“

Lisa hat wieder eine SMS geschickt. Er öffnet sein Telefon und klickt sich durch die Kurznachrichten bis zu ihrem Gruß. Er hat sofort geantwortet. „Jetzt lass uns endlich wie normale Menschen kommunizieren. Schick mir doch deine Email-Adresse.“ Er hat Lisa eine Mail geschrieben, sie um ein Date gebeten. „Nichts.“ Sein Gesicht gerät zerknirscht. „Ich will mich da nicht investieren. Eigentlich interessiert sie mich nicht mehr. Wenn jemand immer nur SMS schickt…was ist das für eine Art, miteinander umzugehen?“

Letztes Wochenende hat er im Duncker eine Frau getroffen. Sie haben die ganze Nacht gequatscht. Blieb kaum Zeit für ein zweites Bier. Am Ende sagte sie, dass sie einen Freund hat.

Noch in derselben Nacht hat er ihren Namen in eine Internet-Suchmaschine getippt und ihre Firma mit sämtlichen Telefonnummern gefunden. Er wisse ja, dass er sich von der Sache mit dem Freund nicht abschrecken lassen sollte. Schließlich sei sie allein tanzen gegangen. Vielleicht läuft zwischen den beiden gar nichts mehr. Einen Versuch wäre es wert.

„Ich glaube allerdings, ihr Typ hängt mit in der Firma drin. Was soll ich am Telefon sagen, wenn er rangeht?“

Christopher blickt verunsichert auf das Telefon in seiner Hand. Er wendet es hin und her wie ein heißes Brötchen. „Ich werde ihr eine SMS schicken. Nur ein einziges Wort: Duncker.“