Kiesel Sand Modder

Performance für einen Pfuhl

Makiko Nishikaze – Klangskulptur | malatsion – Skulptur aus organischem Material und Aktion

4. September 2021, 15 Uhr

Ort: Karutschenpfuhl im Garten der Leo-Borchard-Musikschule in 12169 Steglitz, Grabertstraße 4, 6 Minuten Fußweg ab S-Bahn-Station Südende. Der Eintritt ist frei. Bitte anmelden unter eklat.berlin@posteo.de

Teil III – Die Künstlerinnen

Schaukeln zwischen Land und Fluss – an der Elbe in Dresden

Wenn ich Makiko beim Arbeiten zusehe, werde ich daran erinnert, dass Hören Erleben ist. Unsere Ohren liegen dicht am Kopf, in Nachbarschaft der Augen. Sie sind weiche, seltsam, aber logisch geformte Trichter, hinter denen Geräusche auf die feinen Knöchelchen treffen. Makiko führt mich direkt in meine Ohren, in diesen wundersamen Raum, während ich beobachte, wie sie gerade etwas erforscht, manchmal mit Händen und Füßen, ein Klavier oder einen Tannenzapfen. 

http://www.makiko-nishikaze.de

Malatsions Arbeiten bin ich zum ersten Mal in der INSELGALERIE Berlin begegnet. Unter dem Titel „Genesis of my hybridization. Implants“, zeigte sie drei in Wasser schwebende Plastiken aus farbigem Silikon, die an Korallen erinnerten, aber auch als Teile von Organen hätten gelesen werden können. Die Figuren ähnelten etwas Lebendigen, gleichzeitig war es unmöglich, sie klar zuzuordnen, so dass ihr Anblick trotz der großen Ästhetik Unbehagen auslöste, eine Mischung aus Verwirrung, Furcht und Faszination. Wenn sich eine Unklarheit einstellt, kann sich der Blick kaum lösen. Er forscht nach einer Botschaft, einem Sinn. Ich dachte an mein Misstrauen und meine Furcht angesichts bestimmter wissenschaftlicher Forschungen, gerade in der Gentechnik. 

https://malatsion.de

Die Corona-Pandemie hat uns kollektiv in eine unklare Situation geführt. Das ist schwer auszuhalten, da wir immer nach einer Erklärung suchen. Wir suchen nach Zusammenhängen. In dieser Zeit wurde mir klar, dass wir lernen müssen, unklare Situationen auszuhalten. Schnelle Antworten sind meist falsch, zumindest sind sie ungenau. Wissenschaftler kennen das. Aber wir sind gewohnt, dass sich ein Politiker breitbeinig auf einer Bühne aufbaut und behauptet, die Lage sei unter Kontrolle. Das fiel zu Beginn der Pandemie aus. Und das war gut so. Offen gestanden, hat mir die Gesellschaft der Nichtwissenden mein Vertrauen in die Politik zurückgegeben. Dieser Moment war ehrlich. Doch sehr viele hatten die größten Schwierigkeiten mit der Abwesenheit einer beruhigenden, allwissenden Autorität. Sie forderten Erklärungen. Und als sie nicht kamen, schufen sie sich ihre eigene Schein-Klarheit.

Edouard Glissant, ein Kulturtheoretiker, der auf Martinique geboren wurde, in New York lehrte und lebte und zuletzt in Paris das Institut du tout-monde gründete, hatte analysiert, dass der Wunsch nach Klarheit ein typisch westlicher sei. Er sagte, die Entwicklung der Gesellschaft erfordere, dass wir als Gemeinschaft zusammen leben müssen, auch wenn wir uns manchmal nicht verstehen. Er forderte das Menschenrecht auf Opazität, das Recht jedes Menschen darauf, unverstanden zu bleiben. Er sprach nicht von der Situation einer Pandemie, sondern vom engen Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Kulturen. Einem anderen Menschen das Recht auf unverstanden-sein einzuräumen, klingt einfach, scheint aber schwierig, zumindest, wenn unser Zusammenleben eine gewisse Qualität haben soll. Unsere Empathie gehört denen, die wir verstehen. Deshalb drücken wir unsere Verbundenheit aus, indem wir sagen: Ich verstehe dich. Die Aussage: Ich verstehe dich nicht, bedeutet Abwendung und Ausschluss.

Interessanterweise sind es dieselben Personengruppen, die verhindern wollen, dass Menschen anderer Kulturen in unserer Nachbarschaft leben, die größte Schwierigkeiten mit der unklaren Pandemie-Situation hatten und nach schnellen Erklärungen suchten, und sich in der Folge in wüste Theorien verstiegen haben.

Opazität. Unklarheit. Dunkles, schlammiges Wasser. Diese Zuständen können kreative, fruchtbare Situationen kreieren. In der tiefsten Nacht des Jahres bilden sich die Blattknospen der Pflanzen. In unserer Kultur der binären Gegensatzpaare gehören Dunkelheit und Nacht zur Erde, zum Weiblichen und zum Verbrechen, zum Schmutz. Demgegenüber stehen die glitzernden Sterne an einem klaren Himmel als Zeichen des Göttlichen. In den vorchristlichen Weltbildern spiegelt der Himmel die irdische Situation. Er existiert nicht getrennt von der Erde, sondern als ein Teil von ihr. Ki

Kiesel Sand Modder zelebriert den unklaren Zustand des Wassers, die Mischung von Stoffen in der Grenzsituation des Ufers. Dort werden manchmal giftige Bestandteile abgelagert. Dort entsteht aber auch Neues. Pflanzen wachsen im Schlamm. Kleine Tiere siedeln sich an. Ein Biotop weitet sich aus. Es ist ein Vorgang, der sich unserer Kontrolle entzieht. Er ist unklar.

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