Berliner Notiz-Blog 22. Januar 2008

Das Studio, in dem die jungen Tänzer ihre Performance gezeigt haben, hat sich aufgeheizt. In der Pause sucht das Publikum -die Eltern, Geschwister und Freunde der Künstler- auf dem Flur der Tanzschule etwas Kühle. Die kleine Bar ist belagert.

Ich muss ununterbrochen gähnen, wie immer nach spannenden Vorstellungen, in denen ich das Atmen vergesse. Neben mir erzählt ein Mädchen in die Runde ihrer Freundinnen, dass der Junge, in den sie seit anderthalb Jahren verliebt ist, schwul sei. Sie habe es eben erfahren. Außerdem sei er HIV positiv. Aus ihrem Mund klingt das träumerisch und unbefangen, als hätte der Junge eine Grippe. Sie hat langes blondes Haar, das am Ansatz dunkel nachwächst. Ihr rundes Gesicht ist von der Hitze gerötet. „Sei froh, dass ihr nichts miteinander hattet“, sagt eine Freundin. „Er wäre vielleicht nicht positiv, wenn er nicht schwul wäre“, stellt das Mädchen fest. Die Freundinnen in der Runde erwidern nichts. Sie blicken in ihre Apfelschorlen. Das blonde Mädchen träumt über ihre gesenkten Köpfe weiter: „Der in Hetero und fünf Jahre älter, das wär’s.“

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