© Illustration Liane Heinze
Ich wünsche mir einen Tag, an dem nichts geschieht. Einen Tag, an dem Leon nicht bis Mitternacht im Netz nach Waren für seinen Online-Shop sucht, einen Tag, an dem ich kein Formular für Froschkinn ausfüllen muss. Ich wünsche mir eine Nacht, in der Leon nicht sofort wach wird, wenn ich mich aus seiner Umklammerung löse und einen Sonntag mit einem Frühstück in der Sonne, einer Zeitung und Kaffee zu zweit.
Gestern habe ich Leons kalten Kaffee gegen Mittag wieder weg gekippt, weil er, noch immer nackt und unrasiert und ohne Frühstück, im Schneidersitz auf den Dielen mit seinem Laptop saß.
Nur ein einziger Tag, an dem wir an die Ostsee fahren und im Sand schlafen. Ein einziger, langsamer Tag, an dem ich ihm endlich zuvor komme, an dem ich ihn verführen muss. Wenn er neben mir schläft. Wenn er sich auf die Seite rollt. Wenn ich mich über ihn beuge und seine Augen mit meinen Haaren kitzle, wenn er sich knurrend auf den Rücken dreht, verschwitzt, voller Sand, lecke ich seine Lippen weich, küsse die Mittellinie seines Körpers vom Hals bis zu den Oberschenkeln, die sich unter den Leisten hervor wölben, rau und rund, mit kupfernen Haarkringeln darauf, die nach Sonne schmecken. Dort ruhe ich am liebsten, auf diesem weichen Fleck zwischen den Hügeln neben dem kleinen Tier, das, zurück gezogen in seine Höhle, schläft. Ich locke es, rufe und streichele und küsse es. Wenn wir so weiter machen bis zum Abend… Und Leon danach ins Hotel geht, fernsehen und ich allein am Strand entlang laufe und Steine in die Ostsee werfe.
„Ich werde nach Belgien fahren und nach alten Fahrrädern suchen“, sagte Leon am Abend. „Wir wollen uns auf Mountainbikes aus den Achtziger- und Neunzigerjahren spezialisieren, auf die europäischen und amerikanischen Manufakturen, die es alle nicht mehr gibt.