Berliner Notiz-Blog 21. Juni 2008

Auch bei „Emil“ in der Schumannstraße läuft am Freitagabend das EM-Spiel Kroatien gegen Türkei. Drei Personen sitzen in dem kleinen Gastraum im Souterrain vor dem Flachbildschirm. Das Pärchen in der Ecke blickt wie abwesend auf das Spielfeld. Er streichelt ihre Seitenlinie in dem engen schwarzen T-Shirt auf und ab. Ein Student mit kariertem Hut blättert in einem Gedicht-Band.

Draußen reden Damen mittleren Alters in weiten Leinengewändern über das Theater, das eben aus ist. Die Schauspielerin Barbara Schnitzler radelt vorbei.
So steht es lange 0:0. Beim ersten Tor blickt der Student aus seinem Büchlein auf und ordert noch ein dunkles Bier.
Nach dem zweiten Tor des Abends gießt sich die Wirtin ein Glas Wein ein und folgt nun konzentriert dem Spiel.

Drei Männer kommen die Stufen in die Kneipe hinab. Eher zufällig sind sie in die letzten spannenden Minuten des Spiels geraten. Sie besetzen die Hocker an der Bar und spekulieren mit dem Wirt über das anstehende Elfmeter und mögliche Vorgänge draußen in der Stadt, wenn Deutschland im Halbfinale gegen die Türkei antreten sollte, Vorgänge, die an den ruhigen Hinterzimmern ihrer großzügig geschnittenen Wohnungen in den türkenfreien Straßen vorbei gehen werden.

Nach dem Sieg für die Türkei beginnt jenseits von Mitte das Feuerwerk. Man hört Hupen und Schreien aus der Albrechtstraße. Das Pärchen steht auf und zahlt. Der Student schiebt das Büchlein in die Außentasche eines altmodischen Koffers, zahlt und macht sich auf den Weg in ein Hostel.

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